Dass man sich wünscht, in Familie, Bekanntenkreis und öffentlicher Gesellschaft respektiert und akzeptiert aufzuwachsen, ist offensichtlich und sollte ein gegebenes Recht für alle Kinder sein. Die meisten Eltern haben die Absicht, ihrem Nachwuchs ein Gefühl von Vertrauen, Schutz und Liebe zu geben, um es zu einem sicheren, selbstbestimmten Menschen zu machen.
Verständnis Zeigen, aber wie?
Was geschieht jedoch in den Köpfen von Angehörigen, wenn das eigene Kind sich selbst nicht akzeptiert, wenn es sich mit seinem von Geburt an biologischen Geschlecht und der dazugehörigen sozialen Rolle nicht identifizieren kann oder will? So schwierig der Schritt zu Verständnis und Toleranz für das betroffene Kind selbst sein mag, so kann es auch im engen Kreis von Familie und Freunden Probleme geben, die Einstellungen und Wünsche zu akzeptieren und damit angemessen umzugehen. Die Bundeszentrale für politische Bildung (bpd) berichtet von Kindern, die beispielsweise ihr Geschlecht ändern wollen, und beschreibt die Schwierigkeiten von deren Umfeld, quasi als Hilfestellung für hilfreiche Reaktionen und Umgang.
Ein persönlicher Erfahrungsbericht könnte beispielsweise schildern, wie man selbst darauf reagiert hat, wenn eine nahestehende Person sich zu einer derartigen Sachlage äußert; es wäre natürlich wünschenswert und nobel, würden Angehörige stets mit derselben Toleranz und Offenheit, wie sie in einer modernen Gesellschaft zu erwarten ist, reagieren könnten. Dennoch ist es verständlich, dass der Prozess ein anderer ist, handelt es sich um ein eigenes Kind. Allein schon den vertrauensvollen Rahmen zu schaffen, dass sich ein Kind den Eltern angstfrei anvertrauen kann, stellt für viele ein Problem dar. Man will sein Kind bedingungslos lieben und verstehen, doch dies erfordert ein so großes Einfühlungsvermögen, wie es viele Menschen nicht von Natur aus besitzen.
Mein Neffe im Feenkostüm
Ich selbst erlebte eine Situation, in der im engen Familienkreis einem kleinen Jungen nicht erlaubt wurde, sich in einen pinken Feenkostüm mit anderen Kindern zum Spielen zu begeben: Dies sei ,,nicht für ihn gedacht“, es sei ,,ein Mädchenkostüm“, nicht ,,geeignet für einen Jungen“. Obwohl man als Beobachter alles daransetzen wollte, das Kind zu respektieren und seine Wünsche als ,,ganz normal“ anzusehen, konnte ich die Eltern verstehen. Sicherlich lieben sie ihren Sohn und wollen nur das Beste für ihn. Doch sollte er im Laufe seines Heranwachsens vielleicht darauf kommen, sich als Frau begreifen und als solche behandelt werden zu wollen, bedürfte es allgemeiner emotionaler Verarbeitung.
Respekt für Anderssein
Je mehr das Thema Transsexualität in den Fokus der Öffentlichkeit rückt, umso leichter wird es für zukünftige Eltern, Tanten, Onkel, Großeltern, aber auch Erzieher und Lehrer, Sporttrainer und Arbeitgeber, sobald ein Wunsch nach einer Geschlechtsänderung aufkommen sollte, Jugendliche und Erwachsene zu unterstützen. In diesem Sinne sollte jedes Paar mit Kinderwunsch, jeder Mitarbeiter in Erziehungs- und Bildungseinrichtungen, und jeder Leiter eines Unternehmens sich umfassend informieren und gegebenenfalls weiterbilden; und zwar bevor es zu einer Situation kommen könnte, die jungen Menschen Respekt und Selbstbestimmtheit absprechen würde.