Romantische Szenen sind aus Liebesfilmen nicht wegzudenken. Auch die Darstellung von explizit sexuellen Handlungen ist, mehr oder weniger sichtbar je nach Produktionsland und Filminhalt, eigentlich kaum ein Problem mehr. Für Filmfans gibt es Auflistungen von berühmten Küssen und legendären Szenen, die dafür sorgen, dass bestimmte Paare von Schauspielern und Charakteren in Erinnerung bleiben. Nun stellt sich die Frage, ob dies wirklich an der Romantik der Szene liegt, oder an der klassischen, beim Publikum erwarteten personellen Umsetzung.
Küssen als Experiment
Als Jugendliche sah ich zum ersten Mal die filmische Darstellung eines gleichgeschlechtlichen Kusses: inszeniert als ,,Ausprobieren“ von Kusstechniken fand dies in dem Film Eiskalte Engel (1999) zwischen den Schauspielerinnen Sarah Michelle Gellar und Selma Blair statt. Explizit erklärt als Experiment zwischen Freundinnen, um sich auf den Kuss mit einem Mann vorzubereiten, kam mir dies logisch vor, und die Szene entbehrte jeder romantischen Symbolik. Ähnlich sah ich es, ein paar Jahre später, in dem Film Dreizehn (2003): die selbst jugendlichen Darstellerinnen Evan Rachel Wood und Nikki Reed gaben einander leidenschaftliche Zungenküsse, als eine Art Vorbereitung auf ein Date mit Jungen, sowie um sich gegenseitig ihre sexuellen Künste zu beweisen. Die Message von Filmszenen wie diesen war klar und deutlich: Als Mädchen oder Frau ein anderes weibliches Wesen zu küssen, hat keinerlei romantische Konnotation, sondern ist vielmehr ein Experimentieren, ein Üben, für das wirkliche Objekt der (heterosexuellen) Begierde.
Jahre später, nach enormen filmischen Entwicklungen auch in Hollywood, nach öffentlichen internationalen Mediendebatten über Feminismus und sexuelle Diversität, nach eigenen und fremden Erfahrungen mit gleichgeschlechtlicher Sexualität, kann ich das Phänomen der ,,Mädchenküsse“ neu bewerten: negativ.
Zärtlichkeit geht anders
Solange sich Filmemacher so lange scheuten und scheuen, Homosexualität, beziehungsweise eine offene, unbenannte Sexualität, gerade unter Jugendlichen realistisch und tolerant zu repräsentieren, ist es wenig erstaunlich, dass weiterhin eine Stigmatisierung existiert, unter der reale Menschen leiden.