Dating Apps sind die Zukunft. Niemand zwischen fünfzehn und 35 im Jahr 2020 war nicht zumindest bei einer der zahlreichen Apps angemeldet, wenn auch nur kurz, nur um zu schauen. Man erstellt sein Profil, lädt vorteilhafte leicht bekleidete Fotos von sich hoch, schreibt kreative geheimnisvolle Texte und wartet und hofft. Dann stellt man noch ein, wen man sucht. Frauen oder Männer? Oder beides? Oder ist es egal? Oder hat man andere Vorlieben, Fetische, ungewöhnliche Bedürfnisse?
Alles wird dokumentiert, dargestellt, visualisiert, im Universum des Online-Datings; möglichst mysteriös sein, möglichst erfahren wirken, möglichst aber die meisten Likes bekommen. Damit sich die Fotos gelohnt haben, die drei Stunden, in denen man die bemerkenswerten Texte verfasst hat.
Ein Match! Es ist eine Frau. Schreibt man ihr, dass man nur geklickt hat, Frauen und Männer, um offen und sexuell umtriebig zu erscheinen? Reagiert man überhaupt? Trifft man sich mit ihr, oder doch lieber nicht? Dann sieht sie ja, wie man in Wirklichkeit aussieht, ohne Filter und Lichteinstellungen. Lieber nicht.
Lieber ignorieren, lieber ghosten, lieber sie sich ärgern und an sich zweifeln lassen, wenn da nichts mehr kommt. Denn Zweifeln tut dort, im anonymen aber so geheimen Raum, sowieso zweifellos jede/r.